Glaube und Tradition

Visionen für die Pfarrei 2040

Daniela Voggenreiter am 11.10.2023

Visionen fuer die Pfarrei 2040 Teaser Plank

Kirchen und somit auch Pfarreien sollen Zeichen und Werkzeug für die Liebe Gottes in der Welt von heute sein. -- Dr. Georg Plank

Visionen für die Pfarrei 2040

Kir­chen und somit auch Pfar­rei­en sol­len Zei­chen und Werk­zeug für die Lie­be Got­tes in der Welt von heu­te sein.”

Dr. Georg Plank

Dr. Georg Plank ist Pas­to­ral­theo­lo­ge und Grün­der von Pas­to­ra­lin­no­va­ti­on”. Mit sei­nem Team unter­stützt er Kir­chen dabei, inno­va­ti­ver zu wer­den. Kat­hari­na Hau­ser sprach mit ihm über sei­ne Arbeit, sei­ne Erfah­run­gen mit pas­to­ra­ler Inno­va­ti­on und sei­ne Visi­on für die Pfar­rei 2040.

Herr Dr. Plank, Sie sind Grün­der von Pastoralinno­vati­on”. Was ist das und wie kam es dazu?

Plank: Ich durf­te Kir­che von vie­len Sei­ten ken­nenlernen, von der Pfar­rei über die kate­go­ria­le Seel­sor­ge in ande­ren Län­dern und Kon­fes­sio­nen, in Bewe­gun­gen und Orden und auch auf der diö­zesanen Lei­tungs­ebe­ne. Dabei wur­de mir immer wie­der der Blick für die vie­len Spiel­räu­me für Er­neuerung geschenkt, die es in jedem Sys­tem gibt. Ich lern­te auch viel von der pro­fa­nen Innovations­forschung und deren Werk­zeu­ge. Das mach­te mir Mut zum Expe­ri­men­tie­ren, zur Team­work und zu einem kon­se­quen­ten Fokus auf Früch­te im bibli­schen Sinne.

Die Kir­che im deutsch­spra­chi­gen Raum steht der­zeit vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Oft wird von den Zei­chen der Zeit” gespro­chen, auf die wir unse­ren Blick rich­ten müs­sen. Wo sehen Sie sol­che Zei­chen? Was ist die Not und der Ruf unse­rer Zeit?

Plank: Ich maße mir kei­ne Gene­ral­dia­gnos­tik an, möch­te aber eini­ge Aspek­te benen­nen. Da ist zum Bei­spiel das stän­di­ge zu viel, zu laut und zu schnell”, das es Men­schen schwer macht, sich selbst, ande­re und Gott wahr­zu­neh­men und lie­ben zu ler­nen. Gesell­schaft­lich ist das bun­te Ineinan­der von Kul­tu­ren, Reli­gio­nen und Lebensentwür­fen eine unum­kehr­ba­re Rea­li­tät, die es posi­tiv und im pfingst­li­chen Geist zu gestal­ten gilt. Poli­tisch kom­men Demo­kra­tien in Bedräng­nis, teils aus his­torisch bekann­ten Grün­den, teils ver­schärft durch einen zügel­lo­sen Kapi­ta­lis­mus und unkontrollier­te unso­zia­le Medi­en. Im Blick auf die Schöp­fung ent­puppt sich Hab­gier als alles Leben­di­ge bedro­hende Todsünde.

Auch bei der Welt­syn­ode, die zur Zeit in Rom stattfin­det, geht es um drän­gen­de Fra­gen der Zeit und die Erneue­rung der Kir­che. Sie steht unter dem Titel Für eine syn­oda­le Kir­che — Gemein­schaft, Teil­ha­be und Mis­si­on”. Wie kön­nen wir Syn­oda­li­tät heu­te leben, beson­ders auch im kon­kre­ten Pfarreialltag?

Plank: Die Zeit der Wun­der­wuz­zis” (aus dem Ös­terreichischen: Alles­kön­ner) ist vor­bei! Innovati­on ist ein Team­sport. Das sieht man auch in der Wirt­schaft oder bei Nobel­preis­trä­gern. Je stär­ker sich Pfar­rei­en oder kirch­li­che Gemein­schaf­ten als Leib wahr­neh­men und leben, des­to bes­ser wer­den sie die unter­schied­li­chen Bega­bun­gen för­dern und die tie­fe Ver­bun­den­heit mit­ein­an­der ernst neh­men. Dabei kann man zum Bei­spiel aus der Kon­sensfindung ler­nen, die ja bei allen Kon­zi­li­en ei­ne gro­ße Rol­le gespielt hat, wie es über eine blo­ße Mehr­heit hin­aus zu einem gemein­sa­men Wol­len und Voll­brin­gen kom­men kann. Bei jeder neu­en Idee emp­feh­le ich, erst dann anzu­fan­gen, wenn zumin­dest zwei oder drei Men­schen begeis­tert und bereit sind, mitzumachen.

Sie sind im Okto­ber ein­ge­la­den, in Aicha v. W. über die Zukunft der Pfar­rei zu spre­chen. Was ist Ihre Visi­on von der Pfar­rei der Zukunft? Wovon träu­men Sie? 

Plank: Kir­chen und somit auch Pfar­rei­en sol­len Zei­chen und Werk­zeug für die Lie­be Got­tes in der Welt von heu­te sein. Sie haben also kei­nen Selbst­zweck, son­dern sol­len den Men­schen und der gan­zen Gesell­schaft die­nen. Sie sol­len wie Bäu­me sein, die Frucht brin­gen wie: Frie­de, Gerech­tig­keit, Ge­meinschaft und Barm­her­zig­keit. Dabei geht es in einer plu­ra­len Gesell­schaft und postvolkskirchli­chen Wirk­lich­keit dar­um, die fro­he Bot­schaft ein­fach zu leben und erleb­bar zu machen. Erst wenn uns dann Men­schen nach unse­ren Beweg­grün­den fra­gen, kön­nen und sol­len wir auch dar­über reden.

Und wie kön­nen wir dort­hin kommen?

Plank: Der Königs­weg heißt von­ein­an­der zu ler­nen. Es gibt sowohl im kirch­li­chen als auch in ge­sellschaftlichen Berei­chen vie­le Vor­bil­der, wie eine Orga­ni­sa­ti­on oder eine Grup­pe leben­dig und le­bensnah wir­ken kann und wel­che Voraussetzun­gen dafür not­wen­dig sind. Es muss nie­mand bei Null anfan­gen. Man muss jedoch ehr­lich mit Dis­krepanzen und blin­den Fle­cken umge­hen. Last but not least, bete ich täg­lich um die nöti­ge Demut, auch von ande­ren etwas anzu­neh­men und zu lernen.

Katha­ri­na Hauser

Dr. Georg Plank ist am 15. Okto­ber Refe­rent einer KEB-Ver­an­stal­tung in Aicha vorm Wald, die im Zu­sammenhang mit dem 4x4-Pro­jekt des Refe­rats für Neue­van­ge­li­sie­rung orga­ni­siert wird. Sein Impulsvor­trag Pfar­rei 2040” beginnt um 12 Uhr im Gast­haus Stau­der. Die Ver­an­stal­tung beginnt mit einer Hei­li­gen Mes­se um 10 Uhr. Damit auch jun­ge Fami­li­en stress­frei teil­neh­men kön­nen, wird eine Kin­der­be­treu­ung ange­bo­ten. Eine Anmel­dung ist nicht notwendig.

Das Projekt 4x4

Das Refe­rat Neue­van­ge­li­sie­rung möch­te sich mit 16 Pilot­pfar­rei­en auf einen inten­siven Weg der Erneue­rung bege­ben. Die ers­te von vier Run­den star­te­te 2022 mit vier Pilot­pfar­rei­en. Das 4x4-Pro­jekt ist ein Pro­gramm für Pfar­rei­en, die sich den Fra­gen der Ver­kün­di­gung im 21. Jahr­hun­dert stellen: 

  • Wie kön­nen wir das Evan­ge­li­um in unse­rer Gesell­schaft leben­dig verkünden? 
  • Wie kön­nen wir gemein­sam neu Kir­che sein — mit­ten in der Welt? 

Das 4x4-Pro­gramm erstreckt sich über drei Jah­re und setzt den Fokus auf die Situa­ti­on und die He­rausforderungen vor Ort. Es ist kei­ne fer­tige Schritt-für-Schritt-Lösung, son­dern ein gemein­sa­mes Suchen und Ent­wi­ckeln — stets mit Blick auf inno­va­ti­ve Pro­jek­te und frucht­ba­re Initia­ti­ven welt­weit. Dr. Georg Plank beglei­tet die ers­te Run­de des Projekts.

Beim Impulsvortrag „Pfarrei 2024“, den die KEB Passau gemeinsam mit der Pfarrei Aicha v. Wald und dem Referat für Neuevangelisierung organisiert hat, ging es um die Zukunft der Kirche.

2023 10 15 KEB Tag Aicha

Ein Sonn­tags­got­tes­dienst, der etwas anders war als gewöhn­lich, erwar­te­te die Pfar­rei­mit­glie­der und Gäs­te in Aicha v. Wald, die am 15. Okto­ber in die Pfarr­kir­che gekom­men sind. Denn der Got­tes­dienst fand im Rah­men einen Halb­ta­ges statt, der sich mit der Zukunft der Pfar­rei beschäf­ti­gen soll­te. Die­ses The­ma spie­gel­te sich auch im Got­tes­dienst wie­der: Moder­ne Lob­preis­mu­sik, die eine neue Erfah­rung des Glau­bens bie­ten kann, Glau­ben­zeug­nis­se von Jung und Alt von ver­schie­de­nen Gemein­de­mit­glie­dern und Enga­gier­ten, ein Gebet zum Hei­li­gen Geist für die Kir­che im Gro­ßen wie im Klei­nen vor Ort. Und am Ende lud der Pas­to­ral­theo­lo­ge Dr. Georg Plank in die benach­bar­te Gast­wirt­schaft Stau­der ein, um über die Zukunft der Pfar­rei zu spre­chen. Rund 35 Per­so­nen kamen zum Impuls­vor­trag, eini­ge aus Aicha, ande­re aus ande­ren Orten im Bis­tum, die Inter­es­se am The­ma zeigten. 

Der Pas­to­ral­theo­lo­ge aus Graz hielt nach dem Ken­nen­ler­nen und Mit­tag­essen einen aus­führ­li­chen Vor­trag über die aktu­el­le Situa­ti­on der Kir­che, die Her­aus­for­de­run­gen und die Chan­cen für die Zukunft. Mit sei­nem Team von Pas­to­ra­lin­no­va­ti­on“ unter­stützt er im deut­schen Sprach­raum Kir­chen dabei, inno­va­ti­ver zu wer­den und hat dabei unter­sucht, wel­che Prin­zi­pi­en wich­tig sind, damit eine Pfar­re gesund ist und bleibt, und wächst. Leben­di­ge Pfar­rei haben gelernt, als Leib zu leben“ so Plank. Das bedeu­te, dass man sich mit­ein­an­der und für­ein­an­der freut, und nicht nei­disch ist. Man erkennt, dass man in einem Boot sitzt“ und arbei­tet je nach Fähig­keit und Nei­gung. Die Bezie­hungs­qua­li­tät ins­ge­samt spie­le eine der zen­tra­len Rol­len in der Erneue­rung: Gast­freund­schaft soll­te man auf allen Ebe­nen prak­ti­zie­ren und Bezie­hung auf allen Ebe­nen for­cie­ren: per­sön­lich, medi­al und digi­tal. Zudem sei es nach Plank wich­tig, fort­lau­fend zu ler­nen und kon­struk­tiv zu ver­ein­fa­chen sowie Das Gute als Feind des Bes­se­ren“ zu entlarven.

Wäh­rend und nach dem Vor­trag gab es regen Aus­tausch zwi­schen allen Anwe­sen­den. Es war sicht­bar: Das The­ma bewegt und nie­mand hat die Mus­ter­lö­sung. Aber an die­sem Tag konn­ten neue Impul­se mit­ge­nom­men wer­den, um gemein­sam auf dem Weg zu bleiben.

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